1. Einführung & Nutzen
Warum prüfen?
Prüfungen vermeiden Ausfälle, verhindern Stromunfälle, sichern Behandlungsergebnisse und reduzieren Haftungsrisiken. Sie sind Teil des rechtssicheren Betriebs nach MPBetreibV und MDR.
Wirtschaftlichkeit
Geplante Prüfzyklen reduzieren Ad-hoc-Ausfälle, verlängern die Lebensdauer kostenintensiver Geräte und senken Gesamtkosten durch vorbeugende Instandhaltung.
Qualitätsmanagement
Prüfprotokolle integrieren sich in QM-Systeme (z. B. ISO 13485/9001) und unterstützen Audits durch vollständige Rückverfolgbarkeit.
2. STK – Umfang, Normen, Prüfkriterien
Die Sicherheitstechnische Kontrolle (STK) ist gemäß §6 MPBetreibV eine wiederkehrende Sicherheitsprüfung für aktive Medizinprodukte. Normative Basis ist insbesondere die DIN EN 62353 (VDE 0751-1) sowie die jeweiligen Herstellerangaben. Die STK umfasst Sichtprüfung, elektrische Sicherheitsmessungen und Funktionsprüfungen unter realistischen Betriebsbedingungen.
2.1 Typische STK-pflichtige Geräte
Häufig geprüfte Gerätegruppen in medizinischen Einrichtungen sind unter anderem:
- Defibrillator
- Patientenmonitor
- Reizstromgerät
- Sonographiegerät
- HF-Chirurgiegerät
- Infusionspumpen
2.2 STK-Prüfkriterien (Auszug)
| Kriterium | Mess- und Prüfverfahren |
|---|---|
| Schutzleiterwiderstand | Vierleitermessung |
| Isolationswiderstand | 500 V DC Messung |
| Ableitströme | Differenz-, Direkt- oder Ersatzableitstrom |
| Funktionsprüfung | Simulatoren/Lasten nach Herstellervorgaben |
3. MTK – Messgenauigkeit, Kalibrierung
Die Messtechnische Kontrolle (MTK) ist gemäß §11 MPBetreibV für Geräte mit Messfunktion vorgeschrieben, um die Messrichtigkeit sicherzustellen. Kernelemente sind Referenzmessung, Kalibrierung / Justierung sowie die Protokollierung von Abweichungen und Toleranzen.
3.1 MTK-Geräte & Toleranzen (Beispiele)
| Gerät | Messgröße | Zulässige Abweichung | Typ. Intervall | Bemerkungen |
|---|---|---|---|---|
| Blutdruckmessgerät | mmHg | ± 3 mmHg | 24 Monate | Vergleich mit rückführbarem Drucksimulator |
| Spirometer | Volumen / Flow | ± 3 % | 24 Monate | Kalibrationspumpe als Referenz |
4. DGUV Vorschrift 3 – Betriebsmittel & Anlagen
Die DGUV Vorschrift 3 fordert die regelmäßige Prüfung elektrischer Betriebsmittel und Anlagen. Sie gilt für alle Betriebe – auch für medizinische Einrichtungen – und verlangt risikobasierte Intervalle, abhängig von Nutzung, Umgebung und Alter der Betriebsmittel.
4.1 Prüfobjekte & Intervalle
| Objekt | Beispiele | Prüffrist (typisch) | Besonderheiten |
|---|---|---|---|
| Ortsveränderliche Geräte | Monitore, Pumpen, PC, Ladegeräte | 6–24 Monate | Kürzer in OP / Feuchte / hoher Nutzung |
| Ortsfeste Anlagen | UV, Verteilungen, OP-Netze | 12–48 Monate | Messprotokolle, ggf. Thermografie |
5. Prüfintervalle und Gefährdungsbeurteilung
| Prüfung | Standardintervall | Hinweise |
|---|---|---|
| Messtechnische Kontrolle (MTK) | 24 Monate | Für bestimmte Geräte wie Ton- und Sprachaudiometer alle 12 Monate |
| Sicherheitstechnische Kontrolle (STK) | 24 Monate | Wenn frühere Erfahrungen auf Mängel hindeuten, kann eine frühere Prüfung erforderlich sein. |
| DIN EN 50699, DIN EN 62353 | 24 Monate | Je nach Mängelquote kann eine frühere Prüfung erforderlich sein. |
Vorgehensweise bei fehlenden Herstellervorgaben
- Betreiberverantwortung: Liegen keine Herstellerangaben vor, entscheidet der Praxisinhaber über das Prüfintervall.
- Faktoren: Einsatzzweck, Nutzungshäufigkeit, Beanspruchung, Fehlerhäufigkeit und Gerätepflege berücksichtigen.
- Richtwert: Wiederholungsprüfungen im Abstand von 1–2 Jahren.
6. Messmethoden & Grenzwerte (DIN EN 62353)
Die DIN EN 62353 beschreibt Sicherheitsprüfungen außerhalb der Typprüfung. Die Auswahl der Methode richtet sich nach Gerät, Netzform und Herstellerangaben. Referenzgeräte müssen rückführbar kalibriert sein (z. B. PTB).
6.1 Methodenvergleich
| Methode | Beschreibung | Vorteile | Zu beachten |
|---|---|---|---|
| Direktmessung | Messung direkt am mit Netzspannung betriebenen Gerät. | Höchste Genauigkeit. | Nicht immer möglich (z. B. wenn nicht freischaltbar); Sicherheitsfreigabe erforderlich. |
| Differenzstrom | Messung der Differenz zwischen Phasen- und Neutralleiter. | Im laufenden Betrieb möglich. | Keine direkte Aussage zur Isolationsqualität; Summenwert erschwert Ursachenanalyse. |
| Ersatzableitstrom | Phasen- und Neutralleiter kurzgeschlossen; Prüfgerät legt Prüfspannung an. | Einsetzbar, wenn das Gerät nicht am Netz ist. | Nur bei netzspannungsunabhängigen Schaltern zulässig; ungeeignet bei Relais / Schaltnetzteilen – Teile bleiben ungeprüft. |
| Patientenableitstrom | Messung direkt am Anwendungsteil mit Patientenkontakt. | Höchste Patientensicherheit. | Niedrige Grenzwerte; bereits kleine Ströme kritisch. |
6.2 Beispiel-Grenzwerte (Auszug)
| Messgröße | Grenzwert (typisch) | Bemerkung |
|---|---|---|
| Schutzleiterwiderstand | ≤ 0,3 Ω | Bei Anschlussleitungen bis zu 5 Metern Länge |
| Gehäuseableitstrom | ≤ 3,5 mA | Je nach Schutzklasse / Typ unterschiedlich |
| Isolationswiderstand | ≥ 2 MΩ bei Schutzklasse I ≥ 7 MΩ bei Schutzklasse II |
bei 500 V DC Messung |
| Patientenableitstrom | ≤ 100 µA bei Anwendungsteile Typ B und BF ≤ 10 µA bei Anwendungsteile CF |
Kann je nach Medizinprodukt abweichen. |
7. Prozess: Vor-Ort-Prüfung (Ablauf & Ressourcen)
| Phase | Aktivitäten | Wer | Ergebnis |
|---|---|---|---|
| Planung | Geräteliste, Priorisierung, Terminierung | Betreiber, Dienstleister | Prüfplan, Jahresplan |
| Durchführung | Sichtprüfung, Messungen, Funktionstests | Dienstleister, Befähigte Person | Messwerte, Befunde |
| Bewertung | Abgleich Grenzwerte / Hersteller | Dienstleister, Befähigte Person | Freigabe, Beanstandung |
| Dokumentation | Protokolle, Plaketten, Archiv | Dienstleister, Betreiber | Auditfähige Nachweise |
8. Dokumentation & Checklisten
8.1 Mindestinhalte eines Prüfprotokoll
| Feld | Beschreibung |
|---|---|
| Geräte-ID / Seriennummer | Eindeutige Zuordnung |
| Ort / Abteilung | Einsatzbereich |
| Datum / Prüfer | Rückverfolgbarkeit |
| Messverfahren / Grenzwerte | Norm / Hersteller |
| Ergebnisse / Bewertung | Bestanden / Nicht bestanden |
| Maßnahmen | Reparatur, Sperrung, Wiedervorlage |
8.2 Audit-Checkliste (Kurzfassung)
| Punkt | Frage | Nachweis |
|---|---|---|
| Vollständigkeit | Sind alle Geräte erfasst? | Inventarliste |
| Fristen | Sind Prüffristen eingehalten? | Terminplan / Plaketten |
| Messmittel | Kalibrierstatus dokumentiert? | Kalibrierzertifikate |
| Abweichungen | Maßnahmen nachweisbar? | CAPA / Protokolle |
9. Fazit & Empfehlungen
- Etablieren Sie einen risikobasierten Jahresprüfplan (OP / ICU kürzere Intervalle).
- Nutzen Sie rückführbare, kalibrierte Messmittel und dokumentieren Sie Kalibrierketten.
- Verknüpfen Sie Prüfungen mit CAPA-Prozessen (Korrektur- / Vorbeugemaßnahmen).
- Schulen Sie Personal in Sichtprüfung & Basishandhabung (Fehler früh erkennen).
- Integrieren Sie Protokolle in Ihr QM-System und führen Sie interne Audits durch.






