Was ist STK, MTK und DGUV V3?

STK, MTK & DGUV Vorschrift 3 – Vollständiger Expertenleitfaden | Rainer Medizintechnik

1. Einführung & Nutzen

Warum prüfen?

Prüfungen vermeiden Ausfälle, verhindern Stromunfälle, sichern Behandlungsergebnisse und reduzieren Haftungsrisiken. Sie sind Teil des rechtssicheren Betriebs nach MPBetreibV und MDR.

Wirtschaftlichkeit

Geplante Prüfzyklen reduzieren Ad-hoc-Ausfälle, verlängern die Lebensdauer kostenintensiver Geräte und senken Gesamtkosten durch vorbeugende Instandhaltung.

Qualitätsmanagement

Prüfprotokolle integrieren sich in QM-Systeme (z. B. ISO 13485/9001) und unterstützen Audits durch vollständige Rückverfolgbarkeit.

2. STK – Umfang, Normen, Prüfkriterien

Die Sicherheitstechnische Kontrolle (STK) ist gemäß §6 MPBetreibV eine wiederkehrende Sicherheitsprüfung für aktive Medizinprodukte. Normative Basis ist insbesondere die DIN EN 62353 (VDE 0751-1) sowie die jeweiligen Herstellerangaben. Die STK umfasst Sichtprüfung, elektrische Sicherheitsmessungen und Funktionsprüfungen unter realistischen Betriebsbedingungen.

2.1 Typische STK-pflichtige Geräte

Häufig geprüfte Gerätegruppen in medizinischen Einrichtungen sind unter anderem:

  • Defibrillator
  • Patientenmonitor
  • Reizstromgerät
  • Sonographiegerät
  • HF-Chirurgiegerät
  • Infusionspumpen

2.2 STK-Prüfkriterien (Auszug)

KriteriumMess- und Prüfverfahren
SchutzleiterwiderstandVierleitermessung
Isolationswiderstand500 V DC Messung
AbleitströmeDifferenz-, Direkt- oder Ersatzableitstrom
FunktionsprüfungSimulatoren/Lasten nach Herstellervorgaben

3. MTK – Messgenauigkeit, Kalibrierung

Die Messtechnische Kontrolle (MTK) ist gemäß §11 MPBetreibV für Geräte mit Messfunktion vorgeschrieben, um die Messrichtigkeit sicherzustellen. Kernelemente sind Referenzmessung, Kalibrierung / Justierung sowie die Protokollierung von Abweichungen und Toleranzen.

3.1 MTK-Geräte & Toleranzen (Beispiele)

GerätMessgrößeZulässige AbweichungTyp. IntervallBemerkungen
BlutdruckmessgerätmmHg± 3 mmHg24 MonateVergleich mit rückführbarem Drucksimulator
SpirometerVolumen / Flow± 3 %24 MonateKalibrationspumpe als Referenz

4. DGUV Vorschrift 3 – Betriebsmittel & Anlagen

Die DGUV Vorschrift 3 fordert die regelmäßige Prüfung elektrischer Betriebsmittel und Anlagen. Sie gilt für alle Betriebe – auch für medizinische Einrichtungen – und verlangt risikobasierte Intervalle, abhängig von Nutzung, Umgebung und Alter der Betriebsmittel.

4.1 Prüfobjekte & Intervalle

ObjektBeispielePrüffrist (typisch)Besonderheiten
Ortsveränderliche GeräteMonitore, Pumpen, PC, Ladegeräte6–24 MonateKürzer in OP / Feuchte / hoher Nutzung
Ortsfeste AnlagenUV, Verteilungen, OP-Netze12–48 MonateMessprotokolle, ggf. Thermografie

5. Prüfintervalle und Gefährdungsbeurteilung

PrüfungStandardintervallHinweise
Messtechnische Kontrolle (MTK) 24 Monate Für bestimmte Geräte wie Ton- und Sprachaudiometer alle 12 Monate
Sicherheitstechnische Kontrolle (STK) 24 Monate Wenn frühere Erfahrungen auf Mängel hindeuten, kann eine frühere Prüfung erforderlich sein.
DIN EN 50699, DIN EN 62353 24 Monate Je nach Mängelquote kann eine frühere Prüfung erforderlich sein.

Vorgehensweise bei fehlenden Herstellervorgaben

  • Betreiberverantwortung: Liegen keine Herstellerangaben vor, entscheidet der Praxisinhaber über das Prüfintervall.
  • Faktoren: Einsatzzweck, Nutzungshäufigkeit, Beanspruchung, Fehlerhäufigkeit und Gerätepflege berücksichtigen.
  • Richtwert: Wiederholungsprüfungen im Abstand von 1–2 Jahren.

6. Messmethoden & Grenzwerte (DIN EN 62353)

Die DIN EN 62353 beschreibt Sicherheitsprüfungen außerhalb der Typprüfung. Die Auswahl der Methode richtet sich nach Gerät, Netzform und Herstellerangaben. Referenzgeräte müssen rückführbar kalibriert sein (z. B. PTB).

6.1 Methodenvergleich

MethodeBeschreibungVorteileZu beachten
Direktmessung Messung direkt am mit Netzspannung betriebenen Gerät. Höchste Genauigkeit. Nicht immer möglich (z. B. wenn nicht freischaltbar); Sicherheitsfreigabe erforderlich.
Differenzstrom Messung der Differenz zwischen Phasen- und Neutralleiter. Im laufenden Betrieb möglich. Keine direkte Aussage zur Isolationsqualität; Summenwert erschwert Ursachenanalyse.
Ersatzableitstrom Phasen- und Neutralleiter kurzgeschlossen; Prüfgerät legt Prüfspannung an. Einsetzbar, wenn das Gerät nicht am Netz ist. Nur bei netzspannungsunabhängigen Schaltern zulässig; ungeeignet bei Relais / Schaltnetzteilen – Teile bleiben ungeprüft.
Patientenableitstrom Messung direkt am Anwendungsteil mit Patientenkontakt. Höchste Patientensicherheit. Niedrige Grenzwerte; bereits kleine Ströme kritisch.

6.2 Beispiel-Grenzwerte (Auszug)

MessgrößeGrenzwert (typisch)Bemerkung
Schutzleiterwiderstand ≤ 0,3 Ω Bei Anschlussleitungen bis zu 5 Metern Länge
Gehäuseableitstrom ≤ 3,5 mA Je nach Schutzklasse / Typ unterschiedlich
Isolationswiderstand ≥ 2 MΩ bei Schutzklasse I
≥ 7 MΩ bei Schutzklasse II
bei 500 V DC Messung
Patientenableitstrom ≤ 100 µA bei Anwendungsteile Typ B und BF
≤ 10 µA bei Anwendungsteile CF
Kann je nach Medizinprodukt abweichen.

7. Prozess: Vor-Ort-Prüfung (Ablauf & Ressourcen)

PhaseAktivitätenWerErgebnis
Planung Geräteliste, Priorisierung, Terminierung Betreiber, Dienstleister Prüfplan, Jahresplan
Durchführung Sichtprüfung, Messungen, Funktionstests Dienstleister, Befähigte Person Messwerte, Befunde
Bewertung Abgleich Grenzwerte / Hersteller Dienstleister, Befähigte Person Freigabe, Beanstandung
Dokumentation Protokolle, Plaketten, Archiv Dienstleister, Betreiber Auditfähige Nachweise

8. Dokumentation & Checklisten

8.1 Mindestinhalte eines Prüfprotokoll

FeldBeschreibung
Geräte-ID / SeriennummerEindeutige Zuordnung
Ort / AbteilungEinsatzbereich
Datum / PrüferRückverfolgbarkeit
Messverfahren / GrenzwerteNorm / Hersteller
Ergebnisse / BewertungBestanden / Nicht bestanden
MaßnahmenReparatur, Sperrung, Wiedervorlage

8.2 Audit-Checkliste (Kurzfassung)

PunktFrageNachweis
VollständigkeitSind alle Geräte erfasst?Inventarliste
FristenSind Prüffristen eingehalten?Terminplan / Plaketten
MessmittelKalibrierstatus dokumentiert?Kalibrierzertifikate
AbweichungenMaßnahmen nachweisbar?CAPA / Protokolle

9. Fazit & Empfehlungen

  • Etablieren Sie einen risikobasierten Jahresprüfplan (OP / ICU kürzere Intervalle).
  • Nutzen Sie rückführbare, kalibrierte Messmittel und dokumentieren Sie Kalibrierketten.
  • Verknüpfen Sie Prüfungen mit CAPA-Prozessen (Korrektur- / Vorbeugemaßnahmen).
  • Schulen Sie Personal in Sichtprüfung & Basishandhabung (Fehler früh erkennen).
  • Integrieren Sie Protokolle in Ihr QM-System und führen Sie interne Audits durch.
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